,

Feedback ist nicht gleich Feedback

Feedback ist gefragt

Feedback entpuppt sich aktuell als einer der am häufigsten benutzen Begriffe unserer Zeit. Wir scheinen begierig, ja geradezu süchtig danach, Einschätzungen zu Situationen, Produkten und Leistungen abzugeben und abzurufen.

Ein Gast begibt sich nicht mehr in ein Restaurant ohne vorher „tripadvisor“ oder ein anderes Bewertungsportal „befragt“ zu haben. Dabei werden Sterne und Punkte gesichtet und Kommentare „verschlungen“. Nach dem Besuch eines Hotels oder der Inanspruchnahme jeglicher Dienstleistung werden wir ungefragt und zeitnah aufgefordert unsere Eindrücke zu dokumentieren und tragen damit wieder zu einer Anreicherung des benannten Kreislaufes bei. Alles wird geliked und kommentiert. Warum sollten wir kritische Erfahrungen selbst machen, wenn wir von anderen lernen können? Warum nicht positive Erfahrungen teilen, wenn man zufrieden ist. So funktioniert Community.

Gleichzeitig ist der Begriff der Feedbackkultur inzwischen nicht mehr aus der aktuellen Diskussion der Führung und Organisationsentwicklung wegzudenken. Feedback gilt als Promotor der lernenden Organisation. Lesson learned-Sessions gehören heute einfach ebenso zum guten Ton wie standardisierte Meinungsabfragen zu allen nur erdenklichen Themen. Wir sind es gewohnt gefragt zu werden, zu antworten und damit unseren Beitrag zur Transparenz und Optimierung zu leisten. Wir haben gelernt, dass Feedback einen wesentlichen Beitrag zum Lernen erbringt.

Führungskräfte, die das Instrument des Feedbacks für sich (noch) nicht entdeckt haben, sind out. Gerade Mitarbeiter der Generation Y und Z sehen regelmäßiges Feedback als unabkömmlichen Bestandteil der Führungsleistung und sind nicht bereit darauf zu verzichten. Sie wollen sich entwickeln und dazu qualitative Anregungen erhalten.

Für Organisationen der Zukunft ist die Implementierung einer zeitgemäßen Feedbackkultur deshalb unerlässlich.

Feedback als Generalschlüssel zur Realitätsanpassung

Doch was ist das eigentlich – Feedback? Übersetzt wird der englische Begriff laut Wikipedia mit „Rückmeldung, Reaktion“. Darunter wird verstanden, dass der Empfänger einer Information dem Sender verdeutlicht, was er wahrgenommen bzw. verstanden hat und so dem Sender die Möglichkeit gibt durch eine etwaige Korrektur des Verhaltens auf den Empfänger zu reagieren. Informationen können dabei verbal oder nonverbal vermittelt werden. Und: Der Begriff „Feedback“ stammt aus der Kybernetik und bezeichnet dort ein Rückmeldesystem für den Wirkungsgrad oder die Angemessenheit einer Leistung. Andere Quellen bezeichnen Feedback als den Generalschlüssel zur Realitätsanpassung.

Es gehören also immer mindestens zwei Parteien dazu, wenn Feedback „fliesst“ und es geht um eine Rückkopplungsreaktion, als Aktion und Reaktion auf die Wirkung der Aktion. Damit wird – sofern es gelingt – ermöglicht, dass es zu einer Erweiterung der individuellen Realität kommt.

Stichwort: Individuelle Realität. Hier lohnt es sich, das gute alte Johari-Fenster einmal wieder zu aktivieren. Wie war das noch?

Laut Wikipedia ist das Johari-Fenster ist ein Fenster bewusster und unbewusster Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale zwischen  einem Selbst und anderen oder einer Gruppe. Entwickelt wurde es 1955 von den amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham. Die Vornamen dieser beiden wurden für die Namensgebung herangezogen. Mit Hilfe des Johari-Fensters wird vor allem der so genannte „blinde Fleck“ im Selbstbild eines Menschen illustriert.

Feedback bietet also auch immer die Möglichkeit etwas über sich, seine Wirkung und sein Verhalten zu lernen.

Voraussetzung dafür sind die Bereitschaft Feedback zu hören, Offenheit zur Selbstreflexion und der direkte Dialog, um Verständnis zu sichern und Klärung herbeiführen zu können.

Da stellt sich dann die Frage: Sind einseitige, anonyme und zahlenbasierte Bewertungen denn dann überhaupt Feedback? Da fehlt ja eigentlich die Rückkopplung.

Vom Kult des „wertschätzenden Feedbacks“ bis zum zerstörerischen Shitstorm

Besonders strapaziert wird heute der Begriff des wertschätzenden Feedbacks. Zumeist wird darunter verstanden, Aktivitäten, die Menschen zeigen, positiv zu kommentieren und damit auszuzeichnen. Früher wurde das wohl „loben“ genannt. Und das kam und kommt ja durchaus gerne mal zu kurz. Wann aber wird ein Lob als werthaltig vom Gelobten angesehen? In der Regel dann, wenn es differenziert ist und sich auf eine tatsächliche außergewöhnliche Leistung bezieht. Selbst kleinste Schritte zu loben oder grundsätzlich für jeden (Rede-)Beitrag Anerkennung auszudrücken, ist keine Wertschätzung sondern eher der Manipulation zuzuordnen oder kann „Ego-Streicheln“ genannt werden. Mit möglichen kritischen Auswirkungen, nämlich, dass die Lust auf die Likes die eigene intrinsische Motivation verdrängt. Oder, dass Feedback nicht mehr als das verstanden wird, was es eigentlich sein soll, eine Möglichkeit zu lernen und sich zu entwickeln.

Ein anderes Phänomen, das heute immer präsenter wird und sich in der entgegengesetzten Richtung ansiedelt, wird auch gerne unter dem Stichwort „Feedback“ subsummiert – der Shitstorm bzw. die Hasstirade.

Shitstorm [ˈʃɪtstɔɹm] (zusammengesetzt aus englisch shit „Scheiße“ und storm „Sturm“) bezeichnet im Deutschen das lawinenartige Auftreten negativer Kritik gegen eine Person oder ein Unternehmen im Rahmen von sozialen Netzwerken, Blogs oder Kommentarfunktionen von Internetseiten bis hin zur Schmähkritik.

Treffen kann der Zorn der „Massen“ jeden, Unternehmen wie auch Einzelpersonen, besonders dann, wenn diese sich exponieren. Ein falsches Wort, eine unbedachte Aussage genügt bereits, einen Tsunami ungefragten Feedbacks zu erhalten. Die Wucht, mit der diese Triaden über Einzelne hereinbrechen, ist in der Regel gewaltig. Die Wortwahl entgleist gerne und auch mit der Wahrheit nimmt es der Einzelne dann im Zweifel nicht mehr so genau. Eines ist diesen Shitstorms gemein. Auf ein Statement, folgen in zeitlicher Nähe weitere. Alle in einer gleichen undifferenzierten Betrachtung und unter Nutzung extremer Formulierungen. Inzwischen gibt es zu diesem Phänomen erste wissenschaftliche Untersuchungen, z.B. von der   WHU – Otto Beisheim School of Management, der Universität in Michigan-Dearborn, USA, sowie der Otto-Friedrich Universität Bamberg. Nicht nur diese Untersuchungen, sondern auch viele Social Media Experten bestätigen: Auf diese Form von Feedback muss schnell reagiert werden, da es das Potenzial mit sich bringt, sich in ungeahnte Dimensionen aufzuschaukeln.

Linkhttps://pr-journal.de/lese-tipps/studien/18110-studie-zu-shitstorms-wie-sie-entstehen-und-wie-unternehmen-darauf-reagieren-sollen.html

Auch bei diesem Extrem handelt es sich nicht eigentlich um Feedback. Pauschale und undifferenzierte Bewertungen begünstigen nicht die Reflexion und ein Austausch zu den kritischen Anmerkungen ist nicht möglich. Wem bringt diese Form von Feedback dann etwas?

Und so gelingt das mit dem Feedback

Eine zentrale Anforderung, damit Feedback seine positive Wirkung, nämlich einen Beitrag zu Lernen und zur individuellen Entwicklung zu leisten, entfalten kann, ist eine passende innere Haltung von beiden Parteien.

Der Feedbackgeber sollte aus einer fördernden und liebevollen Grundhaltung heraus agieren und sich auf Augenhöhe mit dem Feedbacknehmer bewegen. Nur so kann er sein „Feedbackgeschenk“ angemessen überreichen. Seitens des Feedbacknehmers wäre zu beachten, dass dieser bereit ist zur Selbstreflektionund dass er aktuell offen ist für das Feedback. Auch sollte er sich auf Augenhöhe mit dem Feedbackgeber verstehen.

Deshalb ist eine erste wichtige Regel beim Feedback: Fragen, ob Feedback aktuell erwünscht ist. Und dann den Wunsch respektieren.

Als besonders wertvoll beim Feedback haben sich bewährt: Der Mut frühzeitig Feedback zu geben und den Dialog zu suchen, der Einsatz von ICH– statt DU-Botschaften und das aktive Zuhören (das heißt den Anderen mit dem Kopf und dem Herzen verstehen).

Die Literatur sieht weitere Tipps vor, die für gutes Feedback relevant sind:

 

FeedbackgeberFeedbacknehmer
Höre gut zuNimm Feedback als Angebot wahr
Verwende neutrale SpracheRechtfertige Dich nicht
Stelle sicher, dass die Kritik gerechtfertigt istStelle Verständnisfragen, fasse Kernbotschaften zusammen
Wähle den richtigen ZeitpunktLasse Feedback erst einmal sacken
Schließe mit etwas Positivem abNimm an, was Dir nützt, lasse den Rest zurück

 

Link: http://www.business-netz.com/Mitarbeiterfuehrung/Feedback-geben-und-annehmen

Sehr klar ist Marshall Rosenberg mit seiner „Gewaltfreien Kommuniktaion“, wenn es um gelingendes Feedback geht. Er lehrt uns, dass es bei Feedback immer auch darum geht die Bedürfnisse der Parteien zu beachten und schlägt deshalb vor, kritisches Feedback in vier Stufen zum Ausdruck zu bringen:

  1. Beschreibung von Situationen in Form von Beobachtungen (Was konnte genau in einer Situation gehört, gesehen, gemessen, … werden?)
  2. Bewertung der Situation im eigenen Denken (Was wird dazu gedacht? Welche Interpretationen kommen in den Sinn?)
  3. Beschreibung der Gefühle, die die Situation beim Feedbackgeber auslöst (Welche Ängste/Sorgen, Ärger/Wut, Scham etc. werden wach? Welche Bedürfnisse sind ggf. in Gefahr?)
  4. Artikulieren einer Bitte der Veränderung (Was sich der Feedbackgeber (alternativ) wünscht.)

 

Eine im Rahmen von Feedback geforderte Qualität sollte jedoch tatsächlich verabschiedet werden, nämlich Feedback objektiv zu geben. Feedback ist immer subjektiv. Das ist auch gut so. Und Feedback darf auch angemessen emotional sein. Damit erfüllt es die Merkmale einer authentischen Botschaft. Voraussetzung ist dabei, dass die Augenhöhe erhalten bleibt und aus einer Haltung des Respekts heraus agiert wird.