Schlagwortarchiv für: Kompetenzentwicklung

02.2022

Wir befinden uns bereits mitten in der Zeit des neuen Arbeitens (New Work). Problematisch bei New Work ist meistens, dass der Fokus auf strukturelle Maßnahmen gelegt wird. Zum Beispiel werden schnell mal Arbeitszeiten gekürzt und Hierarchieebenen entfernt. Nicht zu selten hat das jedoch nicht den erwünschten Effekt und führt anstelle von Motivation und Leistungssteigerung zu Identitätsproblemen, Politisierung und Komplexitätsproblemen.

Was fehlt hier? Die Sicht nach Innen.

Erstaunlicherweise ist unsere Forschung unserer Wirtschaft hier einiges voraus. Bereits 1949 experimentierte Harry Harlow mit Laboraffen zu diesem Thema. Im Experiment sollten die Affen eine motorische Aufgabe lösen (siehe Abbildung).

Empowerment braucht eine psychologische Komponente

Quelle: Pink, D. H. (2015): Drive: The Surprising Truth About What Motivates Us, Riverhead Books, New York.

Damals (sowie z. T. auch noch heute) galt der Gedanke: Was uns antreibt sind entweder (1) unsere biologischen Triebe oder (2) Zuckerbrot und Peitsche. Also Belohnungen bzw. Bestrafung. Interessant wurde es nun, als die Affen bereits vor Start des Experiments Interesse an der Aufgabe zeigten. Und nicht nur Interesse… sie lösten die Aufgabe ohne jegliche Anreize.

Dadurch entstand eine neue Theorie: Es gibt einen dritten Antrieb. Ein Antrieb von innen heraus. Ausgelöst durch die Durchführung und Erprobung der Sache selbst. Später erfolgte die Erkenntnis, dass auch die Menschen über diesen Antrieb, intrinsische Motivation genannt, verfügen: der Mensch möchte seine Fähigkeiten von sich aus erweitern.

Großartig. Ist es möglich diese intrinsische Motivation in unseren Mitarbeitenden zu aktivieren? Eine Möglichkeit dazu stellt das Psychologische Empowerment dar. D. h. Empowerment braucht eine psychologische Komponente.

Intrinsisch motivieren durch Psychologisches Empowerment

Der Begriff „Empowerment“, bezogen auf die Ermächtigung der Mitarbeitenden – meist im Zuge einer Demokratisierung im Unternehmen – wird leider des Öfteren mal schnell als Buzzword abgeschoben. Problematisch war in der Umsetzung bisher meistens, dass im Rahmen von Empowerment lediglich die strukturelle Komponente (z.B. die Entfernung von Hierarchieebenen) betrachtet wurde.

Von Gretchen Spreitzer  und umfangreicher auf ihren Erkenntnissen aufbauender Forschungsarbeit haben wir in den letzten Jahren jedoch gelernt: Menschen interpretieren ihre Umgebung individuell. D.h. das Entfernen einer Hierarchieebene wirkt bei der einen Person befreiend, während andere dadurch einen wichtigen Orientierungspunkt verlieren. Eine erweiterte Betrachtung, die Interpretation auf psychologischer Ebene ist hier essenziell, um die Ermächtigung der Mitarbeitenden zu ermöglichen. Dazu gibt es vier arbeitsbezogene Wahrnehmungen, welche unsere Rolle und damit die Gestaltung unserer Möglichkeiten des psychologischen Empowerments prägen:

Psychologisches Empowerment

Quelle: The Company Journey Guides GmbH

Menschen, die sich psychologisch empowert fühlen, erleben ihre Tätigkeit als sinnvoll (Bedeutsamkeit). Sie trauen sich ihre Arbeitsaufgaben zu (Kompetenz). Sie nehmen Autonomie wahr (Selbstbestimmung) und sind überzeugt, dass ihre Arbeit etwas bewirken kann (Einfluss).

Dabei beruht die Wahrnehmung des psychologischen Empowerments auf einer hohen Ausprägung jeder einzelnen Facette. Wenn eine Facette gering ist, verliert das Konstrukt an Stabilität.

Warum wir uns mit dem Psychologischen Empowerment mehr beschäftigen sollten

Das Konzept des Psychologischen Empowerment wurde mittlerweile schon durch zahlreiche Studien und Forschungsarbeiten untersucht. Spannend ist vor allem, dass sich zahlreiche Korrelationen mit Vorteilen für Mitarbeitende aber auch für die gesummte Organisation finden.

Auf der Seite der Mitarbeitenden:

Auf der Seite der Organisation:

Für die meisten Unternehmen steht heutzutage vor allem die allgemein erhöhte Leistungssteigerung im Vordergrund. Das lässt sich mitunter dadurch erklären, dass das durch Selbstbestimmung und Einflussnahme gewonnen Vertrauen, durch gewissenhaftes und unkompliziertes Verhalten zurückgezahlt.

Die psychologische Komponente des Empowerment richtig nutzen

Vor allem in unserer heutigen Zeit ist es wichtig zu verstehen, dass eine Steuerung von außen in vielen Bereichen weder zu bewältigen noch anzustreben ist. Psychologisches Empowerment setzt auf die Sicht nach Innen. Es gibt uns damit eine Chance durch die Aktivierung der intrinsischen Motivation unsere Mitarbeitenden nachhaltig zu inspirieren.

Im Zuge der Umgestaltung der eigenen Arbeit ist es daher durchaus zu überlegen sich Psychologisches Empowerment als Zielmarke zu setzten. Wer psychologisches Empowerment für sich nutzen möchte muss bedenken, dass es hierfür kein allgemeingültiges Spezialrezept gibt. Wie eingangs erläutert, basiert das Konzept auf der individuellen Wahrnehmung der einzelnen Mitarbeitenden. Daher gilt es zunächst einmal den Standpunkt und die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeitenden zu erkennen und zu verstehen.

Das gleiche gilt übrigens auch für die Führungskraft. Starten Sie doch ganz einfach mit einem kleinen persönlichen Experiment. Stellen Sie sich täglich nach der Arbeit diese zwei Fragen und nehmen Sie sich 5 Minuten zur Reflexion.

  • Welche Arbeitssituation hat Sie empowert fühlen lassen?
  • In welchen Situationen haben Sie weniger Empowerment erlebt?

Wenn einmal klar wird, woran es mangelt, gibt es verschiedenste Maßnahmen der Personalentwicklung, welche die wahrgenommene psychologische Ermächtigung über die einzelne Facetten stärken können, wie z.B.:

Maßnahmen um die vier Facetten zu stärken

Quelle: The Company Journey Guides GmbH

Und es ist klar – Empowerment braucht eine psychologische Komponente.

Wir sind gespannt über Ihre Erfahrungen zu hören. Mehr zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Learning Nugget New Work in a nutshell.

 

Dieses Blog wurde verfasst von Leoni Meffle.

Virtuelles Coaching beansprucht eine immer wichtigere Rolle im Rahmen zeitgemäßer Qualifizierungskonzepte. Wieso ist Coaching im Lernen von morgen so bedeutsam? Wirkt Coaching über das Telefon oder das Internet überhaupt und wenn ja, wodurch?

Das Lernen der Zukunft – verschiedene Formate und Methoden

Die Anforderungen an moderne und innovative Lernkonzepte sind enorm. Unterschiedlichste Kompetenzen wollen auf abwechslungsreiche und effiziente Weise entwickelt werden. Bestenfalls sollen die Lernformate dabei effektiv, nachhaltig und up-to-date sein. Neben dem reinen Wissensaufbau stehen heute und morgen vor allem die Arbeit am Mindset bzw. der Haltung und das nachhaltige Anwenden im Fokus. Kompetenzen im Feld der Haltung bzw. Einstellung sind ohnehin eher schwer zu entwickeln, geht das doch unserem bekannten „inneren Elefanten“ gehörig gegen den Strich.

Jedes Lernformat zielt auf einen anderen Schwerpunkt ab. E-Learning adressiert so vor allem den Aufbau von Wissenskompetenzen. Klassische Präsenz-Workshops oder Trainings fokussieren sich eher auf die Anwendung. Community Learning soll stärker dafür sorgen, dass Wissen in der Gruppe geteilt wird und ein Erfahrungsaustausch sowie kollegiale Supervision stattfinden. Es leistet einen wesentlichen Beitrag zur Transfersicherung und zu der Integration des Erlernten in den Alltag.

Sinn und Wirksamkeit von e-Coaching

Und welche Bedeutung hat das (virtuelle) Coaching? Es ist das ideale Format, um das Wollen eines Lerners zu aktivieren. Es geht dabei allerdings um mehr als nur Motivation. Coaching kann die Persönlichkeit entwickeln, Selbstreflexion anregen oder zu einer Überprüfung von Haltung und Einstellung animieren. Und es eignet sich hervorragend als unterstützende Lernbegleitung.

Im Rahmen des Lernens der Zukunft findet Coaching meist virtuell, d.h. via Telefon oder Videokonferenz statt. So können auch über Distanzen kompakte Coachingsitzungen in einer zeitlichen Abfolge platziert werden. An- und Abreisen entfallen. Das virtuelle Coaching ist damit zeit- und kostenökonomisch. So ist auch eine längerfristige Begleitung eines Lerners gut gestaltbar.

Doch ist virtuelles Coaching überhaupt wirksam? Dass Coaching an sich Wirkung entfaltet, wissen wir bereits seit geraumer Zeit (Grover & Furnham, 2016). Und auch virtuelles oder telefonisches Coaching wirkt. Aktuellen Untersuchungen zufolge ergeben sich keine signifikanten Abweichungen verglichen zu Live-Coachings (Jones, Woods & Guillaume, 2015).

Kein Wunder also, dass dieses Qualifizierungsformat einem zunehmenden Hype unterliegt.

Einsatzfelder und Wirkmechanismen des Online Coachings 

Wann kann virtuelles Coaching zum Einsatz kommen?

Es ist immer dann das Format der Wahl, wenn die Begleitung längerfristig angelegter und individuell gestaltbarer Qualifizierungsprogramme im Raum steht. In diesem Fall agiert der Coach sozusagen als Bindeglied zwischen dem Lerner und seinem Lernfortschritt, wie auch dieser Case zeigt.
Oder dann, wenn Lerner und Coach räumlich weit voneinander getrennt sind und regelmäßige Live-Sitzungen nicht abbildbar sind.

Grundsätzlich kann Coaching, auch im virtuellen Format, diese Themenfelder „bespielen“:

  • Prozessbegleitung und Prozessreflexion
  • Ziel-Definition und Ziel-Prozess-Evaluation
  • Selbstreflexion und inhaltliche Reflexion
  • Überprüfung von Kompetenzen und Lernzielen
  • Erarbeitung von Lernerfolgen und Entwicklungsfeldern
  • Einführung, Durchführung und Begleitung von Übungen
  • Persönlichkeitsentwicklung
  • Mindset Change, Arbeit an der Haltung und am Wollen

Das virtuelle Coaching wirkt dabei ähnlich wie als Präsenzformat. Über die Arbeitsbeziehung, Empathie, Wertschätzung und das zunehmende Vertrauen lassen sich Lernende in der Regel auf die Inhalte ein und Entwicklungsschritte werden erlebbar. Das Strukturieren des Prozesses, Rückfragen und Nachbesprechen von Übungen, Zielen oder eigenen Themen führt zu Reflexion und einer tieferen Verarbeitung. Die Ressourcen der Lernenden werden dabei für gewöhnlich gestärkt. Zusätzlich lassen sich positive Auswirkungen auf eine Vielzahl psychologischer Faktoren wie die Selbstwirksamkeit nachweisen.

Beim virtuellen Coaching hat es sich dabei als besonders förderlich erwiesen, wenn sich Coach und Coachèe zu Beginn persönlich begegnen. Dies ist zwar nicht zwingend für den Erfolg des Coachings erforderlich, jedoch sicher eine hervorragende Unterstützung.

Von essentieller Bedeutung allerdings ist, dass der Coach in der virtuellen Arbeit erfahren bzw. geeignet qualifiziert ist. Coaching wirksam via Maschine umzusetzen ist eine eigene Kunst, die geübt sein will. Sind doch zwei Kommunikationsebenen stark eingeschränkt, die der Körpersprache und die der Stimmung bzw. Atmosphäre. D.h. der sprachlichen Gestaltung des Prozesses kommt eine noch höhere Bedeutung zu, wie dies im Coaching ohnehin der Fall ist.

Coaching virtuell – das Herzstück des Lernens der Zukunft

Die Bedeutung von Coaching im Rahmen des Lernens der Zukunft wird sicher noch weiter zunehmen, da es Lernende auf zwei unterschiedliche Arten unterstützt:

  • Kontinuierliche Begleitung des individuellen Lernprozesses: In regelmäßigen „Coach-Calls“ können Lernende Fragen klären, ihren individuellen Entwicklungsprozess strukturieren oder Kompetenzaufbau überprüfen. In einem digitalisierten Programm übernimmt Coaching also das, was digitalisierte Tests, künstliche Intelligenz oder E-Learning noch nicht können.
  • Persönliche Begleitung des Menschen: In einem optimal gestalteten und effizienten Qualifizierungsprogramm sucht der Mensch dennoch in der Regel das Angebot von Beziehung und persönlichem Kontakt. Reflexion und Wertschätzung werden durch die Maschine kaum erlebbar. In einer Mensch zu Mensch-Verbindung kann dieser soziale Teil der Entwicklungsarbeit stattfinden.

Virtuelles Coaching vereint also Ökonomie und Effizienz mit der menschlichen Komponente im Lernen der Zukunft. Haltungen, Einstellungen und Mindset können dadurch erfolgreich adressiert und entwickelt werden.

Auch lesenswert in diesem Zusammenhang könnte unser Blog Coaching – ein kraftvolles Instrument individueller Veränderung sein.

Dieser Blog wurde von Nicklas Kinder verfasst, der momentan seine Dissertation zum Thema „Coaching“ an der Universität Salzburg verfasst.