Den Kunden verstehen, seine Sicht und Anliegen vollumfänglich zu erfassen, erleben wir in unseren Kundenkontakten zunehmend als den zentralen Erfolgsfaktor, Customer Centricity konsequent zu leben. Wie schnell das Vertrauen des Kunden verspielt werden kann, wenn seine Bedürfnisse und Wünsche nicht wahrgenommen werden, zeigt der hier beschriebene Case. Und auch, wie ein Re-Start unter Berücksichtigung dieses so einfach klingenden Ansatzes erfolgreich gelingen kann.

Übrigens: Natürlich gar nicht so einfach umzusetzen. Echte Customer Centricity oder auch „radikale  Kundenorientierung“ fängt ja bereits bei der Zusammenarbeit innerhalb einer Organisation an. Und erstreckt sich von da auf das gesamte System. Jedes Mitglied, das auf den Output eines anderen Mitglieds der Organisation angewiesen ist, kann und sollte als Kunde betrachtet werden. Dieses „end-to-end Prinzip“ konsequent gelebt erst erlaubt es, dass begeisternde Kundenerlebnisse entstehen.

Ausgangssituation: Enttäuschte Kunden und ein Vertrauensverlust

Der verantwortliche Projektleiter eines Führungskräfte-Qualifizierungsprogramms in der englischen Tochtergesellschaft einer deutschen Mutter kam Anfang 2019 auf uns zu. Er hatte gerade an einem umfangreichen „Train-the-Trainer“ teilgenommen. Sein primäres Anliegen: den Status der Marktimplementierung des Programms betrachten und nächste Schritte gestalten.

Die Situation gestaltete sich wie folgt: Ursprünglich als Pilotmarkt startete die Tochtergesellschaft die Umsetzung des multidimensionalen Entwicklungsprogramms für Manager frühzeitig mit einem ersten Modul. Verzögerungen der Bereitstellung von weiteren Komponenten des Programms durch den Hersteller verhinderten dann den geplanten Start der Learning Journey. Dies führte zu einer erheblichen Frustration. Auf Seiten der Verantwortlichen für Qualifizierung im Markt, vor allem aber bei den Teilnehmern, mittlerweile 23 an der Zahl. Es entstand eine gefühlt lange Pause und zwischen dem Start und weiteren Schritten sowie eine gewissen Desorientierung über den weiteren Verlauf. Dies hatte sich bereits zu einem Vertrauensverlust zwischen Hersteller und Markt sowie von den Teilnehmern zu den Qualifizierungsverantwortlichen der Tochtergesellschaft entwickelt.

Den Kunden dort abholen, wo er gerade steht

Wie nun das Vertrauen zwischen Hersteller und Projektleitung im Markt wieder stärken? Die Zauberformel: den Kunden verstehen. Hier leistete ein „Train-the-Trainer“, das das gesamte Programm in seiner Vielfältigkeit und seinem Mehrwert präsentierte und anlässlich dessen alle Materialien bereit gestellt wurden, einen entscheidenden Beitrag. Und auch eine intensive Betreuung des Markte durch die Projektleitung beim Hersteller.

Vor diesem Hintergrund war es möglich, mit dem Programm-Verantwortlichen der Tochtergesellschaft kreativ über einen Re-Start nachzudenken. Es war schnell klar: wesentlich ist, den Kunden verstehen, d.h. die Lerner dort abzuholen, wo sie stehen. Sie zu hören, ihre Emotionen, wie Frustration und  Ärger über die, subjektiv empfunden, nutzlos investierte Zeit anzunehmen. Neben diesen „Pains“ auch die „Gains“, sollten die Wünsche und Bedürfnisse im Zentrum stehen und das Verständnis, wo der Nutzen des Programms für den einzelnen Lerner liegt.

Die Entscheidung fiel, in einem ersten Schritt jeden einzelnen Teilnehmer persönlich zu kontaktieren. Im Zentrum des persönlichen Gesprächs stand das Hören seiner individuellen Situation und Haltung und das Erfahren, was er sich von einem „Re-launch“ erwartet. Das Ergebnis war ernüchternd. Trotz britischer Höflichkeit war der Unmut vieler Teilnehmer deutlich zu spüren. Da hatte sich viel aufgestaut. Verständlich, wenn man die Perspektive des Kunden einnimmt.

Mut zu den eigenen Fehlern zu stehen

Mit den erhobenen Informationen war ein gutes Verständnis der Kunden möglich. Dies erlaubte die Entwicklung eines auf die individuellen Bedarfe abgestimmten Konzepts für einen „Re-launch“-Workshop.

Gleichzeitig erfolgte eine Sicherung aller Rahmenbedingungen, die einen unmittelbaren Start der individuellen „Learner Journey“ erlaubten. Auch an dieser Stelle konnte durch eine gute Begleitung des Vorbereitungsprozesses durch die Marktbetreuung seitens des Herstellers viel Vertrauen wieder reaktiviert werden.

Im Frühsommer war es dann soweit und die Teilnehmer kamen in einem Landhaus Hotel in Ascot, im Umland von London, zusammen. Die Veranstaltung begann mit einer offenen Reflexion der Vergangenheit des Programms und der damit verbundenen Emotionen seitens aller Beteiligten. Der transparente Umgang mit der Situation war für die Teilnehmer des Programms überraschend, wurde aber gleichermaßen bewundert. Es ermunterte auch sie, sehr offen über ihre Emotionen zu sprechen. So konnte im Rahmen des Re-launchs“  eine neue Kultur der Offenheit erzeugt werden. Eine gute Grundlage die zentralen Komponenten des Qualifizierungsprogramms, Individualisierung und Selbstorganisation, im Workshop erlebbar zu machen.

Vertrauen stärken und durch Taten überzeugen

Damit nicht genug: Um das Vertrauen der Teilnehmer in das Programm weiter zurückzugewinnen, fiel die Entscheidung, die Teilnehmer in hohem Maße in die Gestaltung ihrer persönlichen Learner Journey zu involvieren.
Ein Beispiel: Für die Programmkomponente des individuellen virtuellen Coachings, stellten vier Coaches sich und ihren Coaching Stil in einem Pitch vor. Nach einer anschließenden Q&A Runde, hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, den für sie passendsten Coach zu wählen. Auch wenn das für uns als Agentur bedeutet, dass der ein oder andere Coach eventuell nicht zum Einsatz kommt.

Unter anderem dies war ein Nachweis von Glaubwürdigkeit. Der Workshop schloss mit einem sehr positiven Feedback und 23 motivierten Teilnehmern, die sich nun mit Freude und Engagement auf ihre individuelle Learner Journey machten. Erste nächste Schritte zeigen uns: es geht gut weiter.

Für uns war es schön zu sehen, wie wichtig es ist, genau hinzuhören, wo der Kunde steht. Den Kunden verstehen. Mit Verständnis für die jeweilige Situation zu agieren und im Sinne des Kunden die bestmögliche Lösung zu finden. Radikale Kundenorientierung zu zeigen, auch wenn dies, wie im Falle der Coachauswahl, Einschränkungen in eigenen Reihen nach sich zieht.  Und dies unabhängig davon, ob der Kunde ein Endkunde oder ein interner Kunde in der eigenen Organisation ist. Vertrauen ist leichter verspielt als es aufgebaut ist. Es liegt nun an jedem Projektmitglied, ob intern oder extern, den Gedanken der Kundenzentrierung weiter zu leben und auch zukünftige Handlungen innerhalb des Manager-Qualifizierungsprogramms radikal am Kunden auszurichten.

Virtuelles Coaching beansprucht eine immer wichtigere Rolle im Rahmen zeitgemäßer Qualifizierungskonzepte. Wieso ist Coaching im Lernen von morgen so bedeutsam? Wirkt Coaching über das Telefon oder das Internet überhaupt und wenn ja, wodurch?

Das Lernen der Zukunft – verschiedene Formate und Methoden

Die Anforderungen an moderne und innovative Lernkonzepte sind enorm. Unterschiedlichste Kompetenzen wollen auf abwechslungsreiche und effiziente Weise entwickelt werden. Bestenfalls sollen die Lernformate dabei effektiv, nachhaltig und up-to-date sein. Neben dem reinen Wissensaufbau stehen heute und morgen vor allem die Arbeit am Mindset bzw. der Haltung und das nachhaltige Anwenden im Fokus. Kompetenzen im Feld der Haltung bzw. Einstellung sind ohnehin eher schwer zu entwickeln, geht das doch unserem bekannten „inneren Elefanten“ gehörig gegen den Strich.

Jedes Lernformat zielt auf einen anderen Schwerpunkt ab. E-Learning adressiert so vor allem den Aufbau von Wissenskompetenzen. Klassische Präsenz-Workshops oder Trainings fokussieren sich eher auf die Anwendung. Community Learning soll stärker dafür sorgen, dass Wissen in der Gruppe geteilt wird und ein Erfahrungsaustausch sowie kollegiale Supervision stattfinden. Es leistet einen wesentlichen Beitrag zur Transfersicherung und zu der Integration des Erlernten in den Alltag.

Sinn und Wirksamkeit von e-Coaching

Und welche Bedeutung hat das (virtuelle) Coaching? Es ist das ideale Format, um das Wollen eines Lerners zu aktivieren. Es geht dabei allerdings um mehr als nur Motivation. Coaching kann die Persönlichkeit entwickeln, Selbstreflexion anregen oder zu einer Überprüfung von Haltung und Einstellung animieren. Und es eignet sich hervorragend als unterstützende Lernbegleitung.

Im Rahmen des Lernens der Zukunft findet Coaching meist virtuell, d.h. via Telefon oder Videokonferenz statt. So können auch über Distanzen kompakte Coachingsitzungen in einer zeitlichen Abfolge platziert werden. An- und Abreisen entfallen. Das virtuelle Coaching ist damit zeit- und kostenökonomisch. So ist auch eine längerfristige Begleitung eines Lerners gut gestaltbar.

Doch ist virtuelles Coaching überhaupt wirksam? Dass Coaching an sich Wirkung entfaltet, wissen wir bereits seit geraumer Zeit (Grover & Furnham, 2016). Und auch virtuelles oder telefonisches Coaching wirkt. Aktuellen Untersuchungen zufolge ergeben sich keine signifikanten Abweichungen verglichen zu Live-Coachings (Jones, Woods & Guillaume, 2015).

Kein Wunder also, dass dieses Qualifizierungsformat einem zunehmenden Hype unterliegt.

Einsatzfelder und Wirkmechanismen des Online Coachings 

Wann kann virtuelles Coaching zum Einsatz kommen?

Es ist immer dann das Format der Wahl, wenn die Begleitung längerfristig angelegter und individuell gestaltbarer Qualifizierungsprogramme im Raum steht. In diesem Fall agiert der Coach sozusagen als Bindeglied zwischen dem Lerner und seinem Lernfortschritt, wie auch dieser Case zeigt.
Oder dann, wenn Lerner und Coach räumlich weit voneinander getrennt sind und regelmäßige Live-Sitzungen nicht abbildbar sind.

Grundsätzlich kann Coaching, auch im virtuellen Format, diese Themenfelder „bespielen“:

  • Prozessbegleitung und Prozessreflexion
  • Ziel-Definition und Ziel-Prozess-Evaluation
  • Selbstreflexion und inhaltliche Reflexion
  • Überprüfung von Kompetenzen und Lernzielen
  • Erarbeitung von Lernerfolgen und Entwicklungsfeldern
  • Einführung, Durchführung und Begleitung von Übungen
  • Persönlichkeitsentwicklung
  • Mindset Change, Arbeit an der Haltung und am Wollen

Das virtuelle Coaching wirkt dabei ähnlich wie als Präsenzformat. Über die Arbeitsbeziehung, Empathie, Wertschätzung und das zunehmende Vertrauen lassen sich Lernende in der Regel auf die Inhalte ein und Entwicklungsschritte werden erlebbar. Das Strukturieren des Prozesses, Rückfragen und Nachbesprechen von Übungen, Zielen oder eigenen Themen führt zu Reflexion und einer tieferen Verarbeitung. Die Ressourcen der Lernenden werden dabei für gewöhnlich gestärkt. Zusätzlich lassen sich positive Auswirkungen auf eine Vielzahl psychologischer Faktoren wie die Selbstwirksamkeit nachweisen.

Beim virtuellen Coaching hat es sich dabei als besonders förderlich erwiesen, wenn sich Coach und Coachèe zu Beginn persönlich begegnen. Dies ist zwar nicht zwingend für den Erfolg des Coachings erforderlich, jedoch sicher eine hervorragende Unterstützung.

Von essentieller Bedeutung allerdings ist, dass der Coach in der virtuellen Arbeit erfahren bzw. geeignet qualifiziert ist. Coaching wirksam via Maschine umzusetzen ist eine eigene Kunst, die geübt sein will. Sind doch zwei Kommunikationsebenen stark eingeschränkt, die der Körpersprache und die der Stimmung bzw. Atmosphäre. D.h. der sprachlichen Gestaltung des Prozesses kommt eine noch höhere Bedeutung zu, wie dies im Coaching ohnehin der Fall ist.

Coaching virtuell – das Herzstück des Lernens der Zukunft

Die Bedeutung von Coaching im Rahmen des Lernens der Zukunft wird sicher noch weiter zunehmen, da es Lernende auf zwei unterschiedliche Arten unterstützt:

  • Kontinuierliche Begleitung des individuellen Lernprozesses: In regelmäßigen „Coach-Calls“ können Lernende Fragen klären, ihren individuellen Entwicklungsprozess strukturieren oder Kompetenzaufbau überprüfen. In einem digitalisierten Programm übernimmt Coaching also das, was digitalisierte Tests, künstliche Intelligenz oder E-Learning noch nicht können.
  • Persönliche Begleitung des Menschen: In einem optimal gestalteten und effizienten Qualifizierungsprogramm sucht der Mensch dennoch in der Regel das Angebot von Beziehung und persönlichem Kontakt. Reflexion und Wertschätzung werden durch die Maschine kaum erlebbar. In einer Mensch zu Mensch-Verbindung kann dieser soziale Teil der Entwicklungsarbeit stattfinden.

Virtuelles Coaching vereint also Ökonomie und Effizienz mit der menschlichen Komponente im Lernen der Zukunft. Haltungen, Einstellungen und Mindset können dadurch erfolgreich adressiert und entwickelt werden.

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Dieser Blog wurde von Nicklas Kinder verfasst, der momentan seine Dissertation zum Thema „Coaching“ an der Universität Salzburg verfasst.